Noch nie hat es so viele Fossiliensammler gegeben wie heute. Freizeit und Mobilität, aber auch die Breitenbildung haben es möglich gemacht. Gehörten die Sammler früherer Zeiten zur ländlichen Intelligenz der Pfarrer, Juristen, Lehrer, Ärzte und Apotheker, so hat das Hobby heute alle Schichten erreicht. Das Fossiliensammeln ist eng mit der Paläontologie verbunden. So waren viele Paläontologen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts selbst versierte Sammler, die privatisierten oder ganz andere Berufe ausübten. Georg Graf zu Münster, der die bedeutendste Sammlung seiner Zeit im deutschen Sprachraum aufbaute, arbeitete als Verwaltungsbeamter in der Regierung Oberfrankens in Bayreuth und der Wirbeltierpaläontologe und Begründer der „Paläontographica“, Hermann von Meyer, als Schatzmeister im ersten deutschen Bundestag in Frankfurt. Ein akademisches Fach Paläontologie wurde erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts etabliert.
Wie wird nun heute einer zum Fossiliensammler? Was treibt ihn an? Wieso investiert er Zeit und Geld für ein Hobby, das bei den meisten Zeitgenossen eher Kopfschütteln und Unverständnis hervorruft als Bewunderung und Anerkennung? In erster Linie ist es ganz sicher ein elementares Interesse an der Natur und ihren Dingen, an ihrer Schönheit und Vielfalt. Und dabei muss der Sammler keine Schmetterlinge oder Käfer töten. Hinzu kommen aber noch ganz andere Motive, nämlich
Je nach Motiv und Begabung heben sich aus der großen Zahl der Sammler drei Gruppen ab, die es zu beachtlichen Leistungen bringen können. Dies sind zum einen die Präparierer, zum anderen die Spezialisten. Diese widmen sich ein Leben lang bestimmten Organismengruppen, bestimmten stratigraphischen Einheiten oder ihrem „Haussteinbruch“, den sie über Jahrzehnte hinweg in einer Intensität beackern, wie es keinem Berufspaläontologen möglich wäre. Und schließlich sind da noch die Tüchtigen, die aus ihrem Hobby eine Geschäftsidee ableiten und sich als Präparatoren oder Fossilienhändler selbständig machen. Von diesen soll aber nicht weiter die Rede sein, selbst wenn sie als Dienstleister in der Fossilienwelt eine beachtliche Rolle spielen – auch für die Wissenschaft und für Museen.
Manch ein Sammler hat sich zu Hause im Souterrain eine professionelle Präparationswerkstatt eingerichtet und es zur Meisterschaft im Umgang mit Pneumatikstichel und Feinstrahlgerät gebracht und steht dabei Berufspräparatoren in nichts nach. Mit Geduld und sicherer Hand befreien diese Feinmechaniker Trilobiten mit Stielaugen und abenteuerlichen Stacheln oder Fische mit zerbrechlichen Schmelzschuppen aus harten Konkretionen. Sammler haben die Transfertechnik entwickelt, mit der die Präparation, die nachhaltige Konservierung und museale Präsentation von Fossilien aus der Grube Messel erst möglich wurde. Andere haben sich der Fossilfotografie verschrieben und technische Pionierarbeit geleistet, so Dr. h.c. Helmut Tischlinger, der als Spezialist für die Sichtbarmachung fossiler Strukturen unter ultraviolettem Licht von Instituten und Museen eingeladen und um Rat gefragt wird.
Unter den Spezialisten gibt es manch einen, der sein Gebiet nicht weniger gut kennt als der Berufspaläontologe. Besonders wichtig werden solche Leute, wenn sie sich solchen organismischen Gruppen verschrieben haben, die wissenschaftlich verwaist sind. Allerdings locken die meisten Sammler immer wieder dieselben Lieblinge: Ammoniten, Trilobiten, Schnecken, Seeigel und Seelilien, die auch im Fokus der Paläontologie stehen. Wenn ein Sammler seine Erkenntnisse dann noch nach den Regeln der Wissenschaft veröffentlicht, kann er den Unterschied zum Berufspaläontologen verwischen. Allerdings laufen solche Spezialisten auch Gefahr, sich zu verrennen, sich mit ihren Ansichten zu isolieren und schließlich fast sektiererische Positionen einzunehmen. Einige wenige Autodidakten wie der Echinodermen-Spezialist Dr. Dr. h.c. Hans Hess aus Basel sind zu weltbekannten Autoritäten auf ihrem Gebiet geworden, was sich schon an ihren umfangreichen Publikationslisten zeigt.
Spannungen zwischen Sammlern und der wissenschaftlichen Paläontologie an Museen oder der staatlichen Bodendenkmalpflege, die sich in den 80er Jahren aus gesetzlichen Regelungen des Fossilschutzes in einzelnen Bundesländern ergaben, haben sich offenbar entschärft. Die meisten Sammler haben akzeptiert, dass ein Belegstück zu einer Publikation auch in einer öffentlichen Sammlung hinterlegt und für weitere Forschung verfügbar sein muss. Wer dem nicht zustimmt, bleibt mit seinem Fund in der verschlossenen Schublade anonym – doch das entspricht nicht der üblichen Sammlermentalität, denn die meisten wollen doch mit ihrem besonderen Fund ans Licht der Öffentlichkeit. Wenn ein besonderes Stück publiziert werden soll, muss sich der Sammler davon trennen. Als Kompensation gebührt ihm dann die Ehre, der Wissenschaft gedient zu haben. Falls sein Fund zum Typus einer neuen Art oder gar Gattung wird, kann der Autor diese nach dem Sammler benennen und ihn damit „verewigen“. Doch diese Art der Ehrerweisung mussten die Paläontologen erst einmal als selbstverständlich erkennen. Wo gegenseitiges Vertrauen herrscht, genügt die einfache Eigentumsübertragung, und der Sammler darf sein Schätzchen bei sich aufbewahren, solange es ihm gefällt.
Ähnliches gilt für den Verbleib ganzer Sammlungen. Offenbar hat sich bei den einstigen Kontrahenten gleichermaßen die Erkenntnis durchgesetzt, dass jede wichtige Privatsammlung früher oder später in einer öffentlichen Sammlung aufgeht. Den meisten Sammlern fehlt in der Familie ein Nachfolger, der in ihrem Sinn fortführt, was sie begonnen haben. So erkennt der verantwortungsvolle Sammler, dass auch sein letztes Hemd keine Taschen hat, und handelt so, dass die Sammlung, sein „Lebenswerk“, zusammen bleibt und nicht gefleddert wird oder gar verloren geht. Für den Museumspaläontologen lautet die Devise im Umgang mit Sammlern deshalb Offenheit und freundliche Kooperation – und Geduld zu haben, bis der Sammler reif genug geworden ist, den langfristigen Verbleib seiner Objekte zu regeln.
Diese Haltung wird seit Jahren von der Paläontologischen Gesellschaft vertreten und konsequent umgesetzt.
Mit diesen Entwicklungen ist das Ansehen der Fossiliensammler unter den Wissenschaftlern in den vergangenen Jahren ständig gewachsen und es ist zum selbstverständlichen Standard geworden, dass Sammler, die wichtiges Material zur Verfügung stellen, in den entsprechenden Publikationen gebührend gewürdigt werden, oft sogar als Koautoren.
Kurzum: Das Fossiliensammeln ist ein Hobby für den intellektuellen Forschergeist, genauso wie für den tüftelnden Handwerker und den Liebhaber schöner und seltener Dinge. Es ist eben ein Hobby für den ganzen Menschen, denn es befriedigt das Jagdfieber, wenn ein neuer Fund glückt, verlangt Sorgfalt und manuelle Geschicklichkeit bei der Präparation, es bedient den Sinn für Ordnung und Ästhetik bei der Gestaltung der Sammlung, und es kann auf die intellektuelle Spielwiese führen, wenn man als Privatpaläontologe ein wenig in der Wissenschaft mitmischt, von den menschlichen Kontakten ganz zu schweigen. Wie wichtig Kommunikation auf Augenhöhe und einvernehmliches Miteinander von Paläontologen und Sammlern ist, das wurde von der Paläontologischen Gesellschaft längst erkannt und stets nachhaltig gefördert. Schließlich verfolgen Sammler und Berufspaläontologen dasselbe Motiv, sich nämlich ein kleines Stückchen Ewigkeit zu reservieren, die einen mit ihren Sammlungen, die anderen mit ihren Schriften.
Das Fossiliensammeln hat sogar literarische Spuren hinterlassen, und zwar nicht nur in Eduard Mörikes einfühlsamem Gedicht „Der Petrefaktensammler“, woraus das Motto in der Überschrift dieses Aufsatzes stammt. Dr. h.c. Otto Linck, Forstmann, Literat, Kunsthistoriker, Naturschützer, und eben auch Privatpaläontologe hat den Sammler und das Sammeln treffend charakterisiert. In seinem sinnigen Gedicht „Lob der Sammler“ schreibt er:
… und Vorwelttiere schlafen tief im Stein;
Das Riesenreich der Ammonitenräder,
Man kann in ihm sehr glücklich sein!
Aus ihnen rauschen Ozeane
An längst versunkner Kontinente Saum,
Flugechsen ziehn wie Aeroplane
Dem Sammler durch den Morgentraum…
von Hans Hagdorn
Dem Informationsfluss zwischen Sammlern und Wissenschaftlern dient das zweimonatlich im Quelle & Meyer Verlag erscheinende Magazin „Fossilien. Zeitschrift für Hobbypaläontologen“, wo auf der Seite „Paläontologie aktuell“ aus erster Hand über wissenschaftliche Projekte von Mitgliedern der Paläontologischen Gesellschaft berichtet wird. Sowohl Sammler als auch Paläontologen sind seit Jahren sowohl Autoren als auch Leser dieser Zeitschrift."
Wissenschaftler*innen der Paläontologischen Gesellschaft stehen gerne für Fragen und Kontaktaufnahmen für Hobby-Paläontologen zur Verfügung.
Für Fragen zu bestimmen Themen, Tier- oder Pflanzengruppen, zu besonderen Fundstellen oder geologischen Zeitabschnitten können Sie zu den hier aufgelisteten Personen direkt Kontakt aufnehmen:
Thema / Fossilgruppe | Ansprechparter | Kontakt |
---|---|---|
Paläobotanik | ||
Tertiäre Blätterfloren | Prof. Dr. Johanna Eder Direktorin Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart Rosenstein 1 D-70191 Stuttgart | |
Keuperfloren Süddeutschlands | Klaus-Peter Kelber Fröbelstr. 31 D-97074 Würzburg | |
Paläozoische und Mesozoische Floren | Prof. Dr. Hans Kerp Forschungsstelle für Paläobotanik Geologisch-Paläontologisches Institut Westfälische Wilhelms-Universität Münster Hindenburgplatz 57 D-48143 Münster | |
Paläozoische Floren und versteinerte Wälder | PD Dr. Ronny Rößler Direktor Museum für Naturkunde Moritzstraße 20 D-09111 Chemnitz | |
Devonfloren und Palynofloren des Tertiär & Quartär | Dr. Georg Heumann | |
Invertebraten | ||
Kaltwasser Korallenriffe, klimawandel, Lebensgemeinschaften der Tiefsee | Prof. Dr. Andre Freiwald Institut für Paläontologie, Universität Erlangen Loewenichstr. 28 D-91054 Erlangen | |
Invertebraten des Jura, Ammoniten, Krebse | Dr. Günter Schweigert Staatliches Museum für Naturkunde Rosenstein 1 D-70191 Stuttgart | |
Echinodermen, Oktokorallen, Geschiebefossilien | Dr. Mike Reich Geowissenschaftliches Zentrum der Universität Göttingen, Museum, Sammlungen & Geopark Goldschmidt-Str. 3, D-37077 Göttingen | |
Muschelkalkfossilien, Echinodermen der Trias | Dr. Hans Hagdorn Muschelkalkmuseum Ingelfingen Schlossstr. 11 D-74653 Ingelfingen | |
Paläozoische Insekten & Spinnentiere | Prof. Dr. Carsten Brauckmann Institut für Geologie und Paläontologie, Technische Universität Clausthal Leibnitzstr. 10, D-38678 Clausthal-Zellerfeld | |
Vertebraten | ||
Tertiäre Fische, Molasse, Mainzer Becken | Prof. Dr. Bettina Reichenbacher Department für Geo- und Umweltwissenschaften (Sektion Paläontologie) Ludwig-Maximilians-Universität München Richard-Wagner-Str. 10 D-80333 München | |
Dinosaurier | Prof. Dr. Oliver Rauhut Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie Richard-Wagner-Str. 10, D-80333 München | |
Mesozoische Wirbeltiere | Dr. Oliver Wings Institut fuer Geowissenschaften Sigwartstr. 10 D-72076 Tuebingen | |
Oberpleistozäne Säugetiere | Dr. Alexander Gehler Geowissenschaftliches Zentrum der Universität Göttingen Goldschmidt-Str. 3, D-37077 Göttingen | |
Fossilie Säugetiere | Prof. Wighart von Koenigswald | |
Regionale Geologie / Paläontologie | ||
Raum Westfalen-Lippe | Dr. Christian Pott | |
Evolutionsforschung | ||
PD Dr. Michael Gudo
|
Fossilien sammeln, bestimmen, tauschen und wissenschaftliche Erkenntnisse daraus gewinnen: Hierfür sind Netzwerke unabdingbar. Die Paläontologische Gesellschaft sieht ihre Aufgabe insbesondere in der wissenschaftlichen Kooperation, in der Hilfestellung, der Beratung und der Unterstützung bei schwierig zu bergenden Funden, bei Bestimmungen oder der wissenschaftlichen Interpretation. Fossiliensammler/-innen sind untereinander bereits über diverse Netzwerke sehr gut untereinander organisiert. Wir stellen auf dieser Seite die Fossilien-Sammlernetzwerke zusammen, mit denen die Paläontologische Gesellschaft zusammenarbeitet.
Netzwerk | Webseite | Schwerpunkte |
---|---|---|
Steinkern.de | www.steinkern.de | Sehr gut organisierte und vernetzte Sammler-Community mit eigener Zeitschrift als Publikationsorgane ("Steinkern"). |
Naturpark Altmühltal | www.fossiliensammeln.de | Portal des Naturparks Altmühltal mit vielen interessanten Hinweisen für Hobby-Paläontologen und Fossiliensammler, die im Altmühltal auf Fossilienjagd gehen wollen. |
Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen e.V. | www.fgsub.de | Förderverein der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen. |
Rosenheimer Mineralien- und Fossiliensammlere.V. | www.mineralienverein-rosenheim.de | Etwa 130 Mitglieder umfassender Verein dessen Zweck es ist, Kenntnisse der Mineralogie, Geologie und Paläontologie zu vermitteln und untereinander auszutauschen. |
Arbeitsgruppe Palaeo-Geo e.V. | www.palaeo-geo-ev.de | Verein von Hobby-Paläontologen und Mineraliensammlern aus dem Rhein-Main-Gebiet mit derzeit etwa 100 Mitgliedern. |
fossilien.de | www.fossilien.de | Verkaufsportal für Fossilien, Mineralien, Bernsteinen und Sauriermodellen. |
Mineralien- und Fossilienfreunde Bayer Leverkusen e.V. | Sammlerverein mit ca. 90 Mitgliedern aus dem Großraum Köln mit Kontakten zu Hochschulen, Museen und staatlichen Ämtern. Mitglied der PalGes. | |
Gesellschaft für Geschiebekunde | www.geschiebekunde.de | Verein zur Förderung der Geschiebekunde durch Organisation und Zusammenführung von Geschiebesammlern und -forschern sowie von Freunden der Geschiebekunde des In- und Auslandes. |
Fossilien - Journal für Erdgeschichte | www.fossilien-journal.de | Das Magazin, dass dem Informationsfluss zwischen Sammlern und Wissenschaftlern dient. |
Paläontologische Gesellschaft
Geschäftsstelle
Schumannstr. 144
63069 Offenbach am Main
Tel.: 069 / 403 585 77
Fax: 069 / 403 560 26
Email: geschaeftsstelle(at)palges.de
Internet: www.palges.de
Newsletter bestellen
Mitglied werden
Unsere Datenschutzerklärung